Der Klimawandel erfordert umfangreiche Maßnahmen zum Schutz der Umwelt und ein langfristiges Umdenken der Wirtschaft. Kunden, Mitarbeiter, Investoren sowie gesetzliche Vorgaben verlangen auch von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) zunehmend nachhaltiges Handeln.
Inhalt:
Viele KMU stehen derzeit vor einigen Herausforderungen: Einerseits wird von Ihnen erwartet, dass sie gut kalkulierte Produkte bzw. Dienstleistungen anbieten, andererseits sollen sie aber auch die Verantwortung für deren möglichen Auswirkungen auf die Umwelt übernehmen. Diese Aufgabe kann gelingen, wenn Nachhaltigkeit als fester Bestandteil in die Unternehmensstrategie integriert wird, d.h. wenn ökologische und soziale Anforderungen im Kerngeschäft, entlang der Wertschöpfungskette sowie im lokalen Umfeld berücksichtigt werden.
I. Welche Vorteile haben KMU, wenn sie sich rechtzeitig mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandersetzen?
Nachhaltiges Handeln ist wertschöpfend: Viele Faktoren – wie z.B. der schonende Umgang mit Rohstoffen, die effiziente Organisation von Prozessen, die Senkung von CO₂-Emissionen, aber auch die Motivation der eigenen Belegschaft – tragen dazu bei, das Geschäftsmodell eines Unternehmens langfristig abzusichern. Zudem steigt die Attraktivität als Arbeitgeber und die Marktposition kann sich verbessern, weil immer mehr Konsumenten Nachhaltigkeitsaspekte in ihre Kaufentscheidungen einfließen lassen.
Außerdem müssen börsennotierte KMU im Rahmen der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) ab dem Geschäftsjahr 2026 über ihre Nachhaltigkeitsleistung berichten.
Nachfolgend finden Sie fünf Gründe, warum es sich für KMU lohnt, rechtzeitig in eine Nachhaltigkeitsstrategie zu investieren:
1. Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten
Nationale Regierungen, die EU sowie internationale Organisationen unterstützen nachhaltige Maßnahmen mit Finanzierungsprogrammen und Anreizen, wie z.B. Zugang zu verschiedenen Finanzierungsoptionen, Darlehen oder Zuschüssen.
Auch bei Verhandlungen mit Kreditinstituten kann es für KMU von Vorteil sein, eine Nachhaltigkeitsstrategie vorzulegen: Banken müssen zunehmend Nachhaltigkeitskriterien für ihre Kreditportfolios erfüllen und lehnen es möglicherweise ab, Kredite für Vorhaben zu gewähren, die mittel- bis langfristig negative Auswirkungen auf das Ökosystem haben.
2. Anforderungen an KMU als Partner
KMU sind oftmals Teil der Wertschöpfungskette von großen Unternehmen. Diese müssen sicherstellen, dass ihre Partner nachhaltig wirtschaften, um beispielsweise Reputationsrisiken zu vermeiden. Zudem müssen große Unternehmen nach dem Lieferkettengesetz die Nachhaltigkeit in ihrer Lieferkette beurteilen und darüber Bericht erstatten. Von der Betrachtung der gesamten Lieferkette sind mittelbar auch KMU betroffen. Etwa, wenn sie den großen, verpflichteten Unternehmen als Lieferanten Auskunft zu Themen wie der Einhaltung von Menschrechten und Umweltschutz geben müssen.
Aus diesem Grund ist es für KMU ratsam, sich rechtzeitig mit Nachhaltigkeitsaspekten wie Ressourcenknappheit, Klimawandel, Umweltverschmutzung sowie sozialen Standards auseinanderzusetzen und umgesetzte Maßnahmen zu dokumentieren. Dazu gehören beispielsweise: Weiterbildung von Arbeitnehmern, sichere Arbeitsverhältnisse, Rückverfolgbarkeit von Rohstoffen, Einsatz von energieeffizienten Maschinen, Umstieg auf erneuerbare Energien...
3. Erwartungen von Kunden und Arbeitnehmern
Viele Verbraucher berücksichtigen bei ihrem Einkaufsverhalten neben dem Preis auch eine faire und umweltfreundliche Produktion. Mit detaillierten Informationen zur Nachhaltigkeit Ihres Angebots können KMU die Kaufentscheidung von Konsumenten positiv beeinflussen.
Was Arbeitnehmer betrifft, stärkt Nachhaltigkeit nicht nur das Image eines Unternehmens in der Öffentlichkeit, sondern auch die Motivation der Belegschaft. Mitarbeiter engagieren sich mehr, wenn sie den Eindruck haben, dass ihre Arbeit sinnvoll ist und positive Auswirkungen hat. Gelebte Werte wie Respekt, Verantwortung und Teamwork schaffen ein angenehmes Arbeitsumfeld und senken die Personalfluktuation.
4. Gesetzgebung
In einigen EU-Ländern werden Anreize für Unternehmen gesetzt, um Kohlenstoffemissionen zu senken. In Österreich wurde im Jahr 2022 beispielsweise die CO₂-Bepreisung eingeführt. Sie betrifft alle Unternehmen, die fossile Energieträger wie z.B. Treibstoffe in Verkehr bringen. In Schweden müssen Behörden bei der öffentlichen Auftragsvergabe auch Klima-, Umwelt-, Gesundheits-, Tierschutz-, Sozial- und arbeitsrechtliche Aspekte berücksichtigen.
Die Einhaltung von nachhaltigkeitsbezogenen Anforderungen – wie z.B. Wasserverbrauch, Energieeffizienz, Tierschutz, sowie faire und sichere Arbeitsbedingungen – wird für KMU künftig eine immer größere Rolle spielen.
5. Auswirkungen des Klimawandels
Steigende Temperaturen, extreme Wetterereignisse und der Anstieg des Meeresspiegels können sich durch Schäden an der Infrastruktur, Unterbrechungen der Lieferkette und höhere Betriebskosten direkt auf KMU auswirken. Es sollte rechtzeitig überlegt werden, wie das Unternehmen bei Umweltereignissen wie Überschwemmungen, Hitzewellen oder Wirbelstürmen den Geschäftsfortgang sichern kann.
II. Welche konkreten Schritte können KMU setzen, um eine Nachhaltigkeitsstrategie zu entwickeln?
Kontaktieren von Experten auf nationaler und internationaler Ebene
Erste Anlaufstellen sind Wirtschaftskammern, KMU-Verbände oder EU-geförderte Einrichtungen wie z.B. das Enterprise Europe Network (EEN), Climate KIC
Nachhaltigkeitsziele bestimmen
Dafür können z. B. die 17 UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs), die Nachhaltigkeitsstandards der Global Reporting Initiative (GRI) oder das ACCA-Toolkit als Referenzpunkte dienen.
Nachhaltigkeitsinformationen sammeln und kategorisieren
Viele bereits vorhandene Daten können Verbesserungspotential aufzeigen:
-> Gas- und Stromverbrauch, verwendetes Verpackungsmaterial, Fahrzeugnutzung, Wasserverbrauch, Abfallwirtschaft und Recycling, Firmenstruktur, Häufigkeit von Dienstreisen, Digitalisierungsgrad.
-> Daten zum CO₂-Fußabdruck des Unternehmens können z.B. mit kostenlosen Rechnern
(SME CarbonFootprint Calculator, Business Carbon Calculator) eingeholt werden.
-> Mitarbeiterzufriedenheit: kann z.B. mit Hilfe von einer Umfrage erhoben werden
Anhand der ermittelten Daten sollten KMU dann beurteilen, in welchen Bereichen die größten Chancen für Effizienzsteigerungen oder Einsparungen bei z.B. Energiekosten und Rohstoffeinsatz bestehen und welche Fördermittel für Investitionen in eine nachhaltige Produktion oder Gebäudesanierung bereitstehen.
Geschäftspartner checken
-> Gibt es Lieferanten oder Kunden aus politisch instabilen Regionen, die Sanktionen unterliegen oder von denen bekannt ist, dass sie Probleme mit Korruption, Menschenrechten, Transparenz und Rechtsstaatlichkeit haben?
-> Wie agieren Lieferanten aus ökologischen Risiko-Sektoren wie Bergbau, Chemie, Forstwirtschaft, Öl und Gas, Agrarindustrie, allgemeines verarbeitendes Gewerbe und Bauwesen?
Realistische Planung
Am Anfang stehen einfache Veränderungen wie z.B. die Umstellung auf energieeffizientere Lampen im Büro oder die Verringerung des Papier- bzw. Wasserverbrauchs, die Durchführung von Umfragen zur Mitarbeiterzufriedenheit und die Überprüfung der Führungsstruktur. Der nächste Schritt könnte die Neugestaltung von Produktlinien oder Dienstleistungen sowie im Fall von problematischen Lieferanten die Suche nach Alternativen beinhalten.
Dieser Artikel basiert auf folgenden Quellen:
− KSW, 5-Stufen Leitfaden für eine nachhaltige Transformation für KMU, Juni 2024 (Original: Accountancy Europe, 5-step starting guide to a sustainable transition for SMEs, September 2023)
− KSW, 5 Gründe, warum Nachhaltigkeit für KMU wichtig ist, Juni 2024 (Original: Accountancy Europe, 5 reasons why sustainability matters for SMEs, November 2023)
Bei Fragen stehen Ihnen unsere Expert:innen Irene Grass und Martin Schmidt gerne zur Verfügung.
Foto: Wixmedien
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